Wie sieht die Welt im Jahr 2050 aus? In dieser Beitragsreihe stellen wir unterschiedliche Szenarien vor.
Zukunftsgeschichten Teil 2: Cem, 18 aus Berlin
Mal angenommen,
- der Trend zur Urbanisierung setzt sich fort.
- die soziale Spaltung in unserer Gesellschaft verstärkt sich.
Dann lebt Cem, geboren 2032, im Jahr 2050 dieses Leben:
Berlin-Wedding, 07:00 Uhr. Cem öffnet die Klappe seiner gekühlten Schlafkabine und klettert in den Gemeinschaftsraum seiner sogenannten Wabe - ganz nach dem Vorbild eines Bienenstocks sind die Schlafplätze übereinander angeordnet. Schon jetzt zeigt das Thermometer 28 Grad. Seine Mitbewohner:innen sind schon fast alle wach. Es wuselt nur so in der Altbauwohnung, die Cems Eltern vor 30 Jahren noch zu zweit bewohnt haben.
Verrückt, denkt er, was für eine Platzverschwendung. Jetzt finden auf den 50 Quadratmetern in Wedding 20 Leute Platz. Das ist die neue Realität im Berlin für die einfachen Leute. Cem mag das. Er ist nie allein und teilt mit seiner Crew alles: Emotionen, Essen, Erlebnisse. Natürlich gibt es auch mal Unstimmigkeiten, aber wenn er eins gelernt hat, dann ist es, auch mal Kompromisse einzugehen und den Bedürfnissen anderer Raum zu lassen.
Außerdem weiß er: Haus, Garten, Hund, das ist eine weit entfernte Illusion. Denn hinter die eisernen Tore der Gated Communities, die sich insbesondere im Speckgürtel Berlins gebildet haben, wird er mit seinem Verdienst und sozialem Status in diesem Leben nicht mehr kommen. Aufs Land zu ziehen ist für Cem keine Option. Dort würde er sich weder willkommen fühlen noch Arbeit finden.
Aber Cem ist zufrieden mit seinem Leben und glücklich nicht zuletzt, weil heute das Abschlussmodul seiner Weiterbildung zu „Augmented Reality im Handwerk“ stattfindet. Welche beruflichen Möglichkeiten ihm das verschaffen wird! Mit Technik umgehen, das kann er und das macht ihm Spaß. Einfach flexibel bleiben und mit der Zeit gehen, nur so bleibt man am Ball, denkt er sich, während er sich auf den Weg zu seiner morgendlichen Sporteinheit macht.